Die Grundlagen der Hakomi-Methode

Wäh­rend der letz­ten 30 bis 40 Jah­re hat sich die klas­si­sche Psy­cho­the­ra­pie auf ver­schie­de­ne Wei­sen ver­än­dert. Wich­tig ist zum Bei­spiel der Wech­sel vom Reden über eine Erfah­rung zum Erle­ben einer Erfah­rung in der gegen­wär­ti­gen the­ra­peu­ti­schen Situa­ti­on, und dann zur Unter­su­chung, wie wir unse­re Erfah­rung selbst gestal­ten und organisieren.

Die HAKOMI®-Methode berück­sich­tigt in ihrem kör­per­be­zo­ge­nen Ansatz neben der tie­fen­psy­cho­lo­gi­schen und sys­te­mi­schen Per­spek­ti­ve auch trans­per­so­na­le Aspek­te in der psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Arbeit, so dass sich eine ein­zig­ar­ti­ge Mög­lich­keit ergibt, kon­flikt- und lösungs­zen­trier­tes, pro­zess­haf­tes und bewusst­seins­ori­en­tier­tes Vor­ge­hen mit­ein­an­der zu ver­bin­den. Im Fol­gen­den sind eini­ge Gesichts­punk­te unse­rer Arbeit kurz skizziert:

Körperorientiert

Der Kör­per ist eines der bes­ten Mit­tel, die Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on eines Men­schen im gegen­wär­ti­gen Erle­ben zu unter­su­chen und zu ver­ste­hen. Wie wir uns als Gan­zes in unse­rem Ver­hal­ten, in Gefüh­len, Erin­ne­run­gen und Sicht­wei­sen orga­ni­sie­ren, ein­schließ­lich all dem, was uns nicht bewusst ist — der Kör­per spie­gelt es wider.

Dar­um ist es wert­voll, sei­ne Spra­che durch Acht­sam­keit wahr­neh­men zu kön­nen und sie zu ver­ste­hen. So wird vie­les wich­ti­ge Mate­ri­al augen­blick­lich auf­ruf­bar und erleb­bar, wenn wir mit der phy­si­schen, sicht­ba­ren Ebe­ne unse­res Seins arbeiten.

Wir set­zen Kör­per­be­wusst­sein ein, um die Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on eines Men­schen auf eine leich­te Art im gegen­wär­ti­gen Erle­ben unter­su­chen zu kön­nen. Mit kör­per­li­chen Inter­ven­tio­nen, die prä­zi­se und acht­sam durch­ge­führt wer­den, len­ken wir die Auf­merk­sam­keit und eröff­nen neue Wege des Erlebens.

Innere Achtsamkeit 

Unser All­tags­be­wusst­sein ist kein wirk­sa­mes Mit­tel, um tie­fe­re Ebe­nen unse­res Selbst zu erfah­ren und zu ver­än­dern, denn unser All­tags­be­wusst­sein nutzt gera­de die­se tie­fen Schich­ten für sei­ne gewohn­heits­mä­ßi­ge Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on. Des­halb ste­hen wir beim Rin­gen um Ver­än­de­rung oft an dem Punkt, dass wir das Pro­blem mit dem Ver­stand durch­aus gut erken­nen, aber die Lösungs­ver­su­che funk­tio­nie­ren nicht.

An die­ser Stel­le hilft uns inne­re Acht­sam­keit, eine Form der Auf­merk­sam­keit, die sich in den medi­ta­ti­ven Dis­zi­pli­nen schon seit Jahr­tau­sen­den bewährt hat. Die lang­sa­me Schu­lung der inne­ren Acht­sam­keit baut eine immer sta­bi­ler wer­den­de Bewusst­seins­po­si­ti­on auf, die uns mehr und mehr erlaubt, die Bestand­tei­le und die Gestal­tung des inne­ren Erle­bens zu erforschen.

Zunächst bekom­men wir ein bes­se­res Gespür und Gefühl für die Fra­gen unse­res Lebens, und schließ­lich kön­nen wir zu den Grund­la­gen unse­rer Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on Zugang fin­den, dem »roten Faden«, der sich oft wie in einem Web­mus­ter durch vie­le Berei­che unse­res Lebens zieht. Die nicht-bewuss­ten auto­ma­ti­schen Steue­rungs­fak­to­ren wer­den all­mäh­lich ins Bewusst­sein geho­ben und durch eine immer umfas­sen­der wer­den­de »Selbst­füh­rung« orga­ni­siert. Letzt­lich führt der Weg der Acht­sam­keit zu den Kräf­ten der Selbst­hei­lung und der inne­ren Weisheit.

Gewaltlosigkeit

Einer der wesent­li­chen Bei­trä­ge der HAKOMI®-Methode liegt im Umgang mit der Abwehr. Genau beschrie­be­ne the­ra­peu­ti­sche Hal­tun­gen und neu ent­wi­ckel­te Tech­ni­ken gestal­ten die­se Arbeit. Men­schen ver­fü­gen über eine Rei­he von Mecha­nis­men, um Ein­flüs­se von außen abzu­weh­ren und die eige­ne Inte­gri­tät zu bewahren.

Es ist erschöp­fend und schwie­rig, sich mit die­sen Mecha­nis­men auf ein Rin­gen ein­zu­las­sen. Vie­les geht leich­ter und schnel­ler, wenn wir bei­spiels­wei­se die Abwehr unter­stüt­zen und sie somit der Beob­ach­tung zugäng­lich machen.

Mit einer gewalt­lo­sen Hal­tung laden wir das Unbe­wuss­te zur Koope­ra­ti­on ein, denn das Unbe­wuss­te bestimmt, was mög­lich ist in einer Sit­zung, und was nicht. Erst wenn es sich in der the­ra­peu­ti­schen Bezie­hung nicht bedroht fühlt, wird es die emp­find­lichs­ten Infor­ma­tio­nen freigeben.

Tiefenpsychologisch

Im Zen­trum unse­rer Arbeit steht die indi­vi­du­el­le Struk­tur der Per­sön­lich­keit eines Men­schen, das heißt, die Art und Wei­se, wie inne­re unge­lös­te Kon­flik­te und die damit ein­her­ge­hen­den unbe­wuss­ten Anschau­un­gen sich z.B. auf der Kör­per­ebe­ne und in der Bezie­hungs­ge­stal­tung aus­drü­cken und die Ent­fal­tung des indi­vi­du­el­len Poten­zi­als begrenzen.

In Über­ein­stim­mung mit den theo­re­ti­schen Kon­zep­ten der Psy­cho­ana­ly­se und der tie­fen­psy­cho­lo­gisch fun­dier­ten The­ra­pie sind wir über­zeugt, dass sich die­se unbe­wuss­ten Anschau­un­gen wesent­lich im Kon­text frü­her Bezie­hungs­er­fah­run­gen for­men und dass für wirk­li­che Ver­än­de­rung der Pro­zess der erfah­rungs­ori­en­tier­ten Bewusst­ma­chung sowie die Ermög­li­chung einer neu­en, alter­na­ti­ven Erfah­rung (miss­ing expe­ri­ence) im Rah­men der the­ra­peu­ti­schen Bezie­hung wesent­li­che Vor­aus­set­zun­gen sind.

Die­se Über­zeu­gun­gen wer­den zur­zeit ein­drucks­voll bestä­tigt durch neue Ergeb­nis­se der Neu­ro­bio­lo­gie sowie der Säug­lings- und Bin­dungs­for­schung, deren Befun­de immer wie­der dar­auf ver­wei­sen, wie frü­he bedeut­sa­me Erfah­run­gen die mensch­li­che Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on prä­gen. Die acht­sa­me Unter­su­chung die­ser Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on mit der Kli­en­tIn, die Bewusst­ma­chung und emo­tio­na­le Ver­ar­bei­tung sowie die Ver­an­ke­rung neu­er Erfah­run­gen auf der Erle­bens­ebe­ne sind Kern­ele­men­te der HAKOMI®-Methode und zeich­nen sie aus als tie­fen­psy­cho­lo­gisch fun­dier­te kör­per­ori­en­tier­te Metho­de, die gera­de durch das erfah­rungs-zen­trier­te Arbei­ten auch neu­es­ten Erkennt­nis­sen der The­ra­pie­for­schung Rech­nung trägt.

Mit Worten

Aus unse­rer Sicht wird die Qua­li­tät der Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on eines Men­schen durch den Fluss von Infor­ma­tio­nen bestimmt. Wie ver­schie­de­ne Antei­le einer Per­son zusam­men­ar­bei­ten, hängt davon ab, was sie von­ein­an­der und über die Außen­welt wissen.

Inter­ne Model­le der Wirk­lich­keit eröff­nen und begren­zen die Ver­hal­tens- und Erleb­nis­mög­lich­kei­ten. Wor­te kenn­zeich­nen und bewe­gen die sym­bo­li­schen Ebe­nen, auf denen die­se Art von Infor­ma­tio­nen gespei­chert und ver­än­dert wer­den kann. Wor­te sind auch eine wich­ti­ge Art, wie eine The­ra­peu­tIn stän­dig mit dem inne­ren Erle­ben ihrer Kli­en­tIn in Ver­bin­dung blei­ben kann und so Sor­ge trägt, dass sie sich nicht in ver­schie­de­nen Wel­ten befin­den, son­dern wirk­lich zusammenarbeiten.

AUF DEN KÖRPER HÖREN …

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Die Hako­mi-Metho­de ist von der Euro­pean Asso­cia­ti­on of Psy­cho­the­ra­py (EAP) als wis­sen­schaft­lich begrün­de­tes Ver­fah­ren und als Aus­bil­dungs­grund­la­ge für das Euro­pean Cer­ti­fi­ca­te of Psy­cho­the­ra­py (ECP) aner­kannt. In Öster­reich zählt Hako­mi der­zeit nicht zu den aner­kann­ten Metho­den. Die­se Tat­sa­che hat nichts mit der Qua­li­tät der Metho­de oder der aus­ge­bil­de­ten Therapeut*innen zu tun. Dies hat sowohl struk­tu­rel­le als auch his­to­ri­sche Grün­de – da Hako­mi bei der Ent­wick­lung und Ver­fas­sung des öster­rei­chi­schen Psy­cho­the­ra­pie-Geset­zes in Öster­reich noch nicht eta­bliert war, konn­te 1991 auch kei­ne Aner­ken­nung der Metho­de statt­fin­den. Alle Metho­den, die nach Ver­ab­schie­dung des Geset­zes aner­kannt wer­den wol­len, müs­sen in einem Zeit- und Res­sour­cen-auf­wän­di­gen Ver­fah­ren bewei­sen, dass sie die hohen Anfor­de­run­gen bezüg­lich der Aus­bil­dung, der Wis­sen­schaft­lich­keit, etc. erfül­len. Der­zeit besteht die Hoff­nung, dass der Ver­band der Kör­per­psy­cho­the­ra­peu­ten in Öster­reich ein sol­ches Ver­fah­ren dem­nächst erfolg­reich durchbringt.